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Europäische Stechpalme - Baum des Jahres 2021

Der diesjährige Baum des Jahres wurde gekürt, und die Siegerin 2021 ist die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium). Die Stechpalme ist ein immergrünes Hartlaubgewächs. Ihre ovalen Blätter sind ledrig, dunkelgrün und glänzend. Im unteren Bereich des Baumes sind die Blattränder mit Stacheln versehen. Blätter oberhalb von etwa zwei Metern Höhe – außerhalb des Fressbereichs von Wildtieren – sind dagegen ohne Stacheln ausgebildet.

In Mai und Juni blüht der Baum in weißer Pracht. Es gibt männliche und weibliche Bäume (zweihäusig). Die Bestäubung erfolgt durch Insekten Danach entstehen zunächst grüne, später rote Steinfrüchte. Diese „Beeren“ sind wie die übrige Pflanze giftig. Erst nach mehrmaligen Frostereignissen werden die Früchte für die Vögel genießbar und bieten im Winter nur eine Art Notnahrung. Sie werden deshalb auch nur von rund einem Dutzend heimischer Vogelarten (vor allem Tauben und Drosseln) gefressen.

Trotz ihres exotischen Aussehens ist die Stechpalme eine heimische Baumart. Je nach Lichtverhältnissen wächst sie strauchartig im Unterholz von Laubwäldern oder als kleiner Baum mit einer Höhe bis zu 15 m. Bereits im Tertiär (vor 2 Millionen Jahren) kam die Stechpalme in Deutschland vor. Hier liegt heute ihre östliche Verbreitungsgrenze. Atlantisch bis subatlantisch geprägtes Klima mit milden Wintern und hohen Niederschlägen ist für sie optimal. Sie meidet so zu starke Trockenphasen im Sommer und extreme Fröste. Bei Temperaturen ab -20 °C erfriert die Stechpalme und stirbt ab. Im Schwarzwald ist sie deshalb in Höhenlagen bis 1000 m ü. NN zu finden. Darüber kommt sie nur selten vor.

Der Mensch fand für die Europäische Stechpalme früher vielseitige Verwendung. Das Holz der europäischen Stechpalme ist gut geeignet für Furniere, Intarsien und Drechslerarbeiten. Alle Harry Potter Fans werden an dieser Stelle aufhorchen, denn auch Harrys magischer Zauberstab wurde aus einem Stechpalmenzweig gefertigt.

Schon im 16. Jahrhundert war Botanikern der Name „Stechpalme“ geläufig, obwohl die Art nichts mit einer Palme gemein hat. Bei genauerer Betrachtung findet sich aber doch eine Gemeinsamkeit - Palmen und die Stechpalme sind immergrüne Gewächse. Dies spielt auch im Brauchtum der Christenheit eine wichtige Rolle. Am Sonntag vor Ostern, dem Palmsonntag, ist Jesus mit einer Prozession in Jerusalem eingezogen. Hierbei wurde mit Palmenwedeln geschwenkt, um Jesus zu begrüßen. Da Palmen bekanntlich nicht in Deutschland wachsen, wurde das nächstbeste genommen, was zu dieser Jahreszeit grün ist – Stechpalmenwedel.

Stechpalmenzweig mit roten Steinfrüchten bei Gaiß, Waldshut-Tiengen. Frisch
Stechpalmenzweig mit roten Steinfrüchten bei Gaiß, Waldshut-Tiengen.

Anfang des letzten Jahrhunderts kam die Stechpalme dann so richtig in Mode. Sie wurde als Weihnachtsdekoration, zum Kaminputz und zu allerlei anderen Dingen verwendet. Sie wurde in großer Menge geerntet und sogar exportiert. Schon bald befand sich die Art in einer bedrohlichen Situation. Natur- und Landschaftsschützer schlugen Alarm. Beginnend mit lokalen Verboten in den 1920er Jahren ist die Art heute besonders geschützt (§ 44 Abs. 1 Nr. 4 Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit der Bundesartenschutzverordnung Anlage 1). In Deutschland ist in der Folge die Nutzung der Stechpalme fast in Vergessenheit geraten, und sie wurde auf eine Garten- und Zierpflanze reduziert. Nicht so in Amerika oder Großbritannien, wo auf großen „holly-farms“ Stechpalmen für die Weihnachtsdekoration kultiviert werden. Die in Norddeutschland gebräuchliche Bezeichnung „Hülse“ oder „Holst“ für die Stechpalme schlägt sprachlich die Brücke zum englischen „holly“.

 

 

Text: Eva Molter und Alexander Frisch


Quellen:

JAGEL, A., HÖGGEMEIER, A. & KASIELKE, T. (2016): Ilex aquifolium – Gewöhnliche Stechpalme, Hülse, Ilex (Aquifoliaceae). – Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 7, 226-236.

OBERDORFER, E. (2001): Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. - 8. Aufl., 1051 S., Stuttgart (Ulmer).

POTT, R. (1990): Die nacheiszeitliche Ausbreitung und heutige pflanzensoziologische Stellung von Ilex aquifolium L. - Tuexenia 10, 497-512 (Göttingen).

SEBALD, O., SEYBOLD, S. & PHILLIPI, G. (Hrsg.) (1992): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. - Bd. 4, 362 S., Stuttgart (Ulmer).

https://www.baum-des-jahres.de/stechpalme/, abgefragt am 27.01.2021.

https://www.gesetze-im-internet.de/, abgefragt am 27.01.2021.

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/laubbaeume/die-europaeische-stechpalme, abgefragt am 26.01.2021.

https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Stechpalme, abgefragt am 27.1.21